Clubberichte - LC
Die Hilfsaktion des LC Euskirchen-Veybach nach der Flut vom 14. Juli 2021
Prolog
Die Flutkatastrophe Juli 2021 hatte auch einige unserer Clubmitglieder, ihre Häuser oder die ihrer Kinder in Mitleidenschaft gezogen. Der Veybach, „Namenspatron“ des Clubnamens Euskirchen-Veybach, war aufgrund der seit Tagen schon andauernden Niederschläge und der Regenmassen am Unglückstag selbst wie andere Bäche und Flüsse zur bisher ungeahnten Größe angeschwollen. Die immensen Wassermassen hatten auch im Umfeld Euskirchens ihre in den Medienberichten der damaligen Folgetage sehr ausführlich berichtete zerstörerische und tödliche Kraft entwickelt.
We serve
Trotz allen durch die Umweltkatastrophe verursachten Schäden im eigenen Wohnbereich und auch persönlichen Einschränkungen entwickelte sich angesichts der verheerenden Schäden auch in der direkten Umgebung in unserem Club wie auch in den Nachbarclubs eine spontane Bereitschaft, über die individuelle direkte Hilfe der einzelnen Lions bei betroffenen Freunden und Bekannten hinaus als Club weitergehende Hilfe für Flutopfer zu organisieren. Sehr schnell schlossen sich die Clubs unserer sehr betroffenen Zone zu einer Hilfsgemeinschaft zusammen. Gemeinsam konzentrierten wie uns im Rahmen unserer jeweiligen Möglichkeiten auf die Organisation von Hilfe für die Opfer der Katastrophe im jeweiligen direkteren Umfeld, die dringend eine Unterstützung brauchen. Das regionale Schwergewicht unseres Clubs lag gemäß dieser Absprache auf der Stadt Euskirchen und den umliegenden Ortschaften.
Im Vergleich zu den Nachbarclubs stand unserem recht kleinen Lions Club dabei vor allem aufgrund der persönlichen Betroffenheit einiger Mitglieder nur eine sehr eingeschränkte „Man-Power“ zur Verfügung. Das Angebot der „Stiftung der Deutschen Lions“, aus den bei der Stiftung eingehenden Spenden Soforthilfen in Höhe von bis zu 5.000 Euro für Bedürftige zu beantragen, erwies sich für uns jedoch als eine erste große Möglichkeit, recht vielen Flutopfern schnell und unbürokratisch eine sehr hilfreiche finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.
Mit dem Auto oder auf dem E-Bike fuhren unsere Präsidentin und der Sekretär am ersten Wochenende nach der Flut durch die stark betroffenen Gebiete und suchten in den Ortschaften den Kontakt zu den Helferinnen und Helfern, die sich spontan zu Bürgerorganisationen zusammengeschlossen hatten, einen ersten Überblick über die jeweilige Betroffenheit der Flutopfer besaßen und über die Kontaktdaten der Betroffenen verfügten. Ihre Bereitschaft, mit dem Club zusammenzuarbeiten, war sehr groß. Auf diesem Wege verfügten die beiden Lions sehr schnell über Listen von Betroffenen, dadurch über die Möglichkeit, auch persönlich mit den Opfern Kontakt aufzunehmen, den Grad ihrer Betroffenheit direkt zu erfahren, auch die jeweiligen Möglichkeiten, mit Hilfe ihrer etwaigen Versicherungen und/oder ihre eigenen finanziellen Mittel die entstandenen Schäden zu beheben.
In den zahllosen, teilweise erschütternden Telefonaten mit den Betroffenen erfuhren sie dann noch direkter vom verheerenden Ausmaß der Katastrophe, von der z. T. kompletten Zerstörung der Häuser bzw. Wohnungen, dem Verlust der persönlichen Habe, z. T. dem Fehlen von versicherungsmäßigem und finanziellem Rückhalt, vor allem von der sehr großen Verzweiflung angesichts dieses die menschlichen Kräfte z. T. absolut übersteigenden Schicksalsschlags, auch von der großen Dankbarkeit angesichts der ihnen begegnenden Hilfsbereitschaft.
Die Telefonate mit manchmal auch etwas therapeutischem/seelsorgerischem Charakter spiegelten auch sehr häufig eine große persönliche Bescheidenheit der Betroffenen angesichts der sich ihnen durch den Club bietenden Unterstützung. Häufig sprachen sie sich für einen Verzicht aus zugunsten anderer, deren Situation vielleicht noch schlimmer war als ihre eigene. Den beiden Lions wurde sehr schnell klar, dass aus der sehr großen Zahl von betroffenen Haushalten eine strenge Auswahl zu treffen war, wer vordringlich eine Unterstützung durch die SDL-Soforthilfe brauchte. Diese zu treffen, stellte sich als eine große verantwortungsvolle Herausforderung heraus. Sprach man den Richtigen die Hilfe zu, entschied man sich demzufolge mit Recht gegen andere? Die Beantwortung dieser Fragen lastete schwer auf den für die Beantragung der Soforthilfe Verantwortlichen. Die Anträge selbst und erst recht die sehr schnelle Bearbeitung durch das sehr engagierte SDL-Team, die erste Bewilligung für 5 Haushalte erfolgte innerhalb von drei Tagen, erwiesen sich dagegen als eine sehr leichte Übung.
Als Ergebnis der sich über mehrere Wochen erstreckenden Ermittlungen, Entscheidungsprozesse und Anträge war letztendlich schon Mitte August zu verzeichnen, dass mithilfe der von der Stiftung der Deutschen Lions im Rahmen ihrer Hilfsaktion unserem Club bereitgestellten Spendengelder 52 Haushalten aus Euskirchen und den umliegenden Ortschaften eine Soforthilfe von bis zu 5.000 Euro ausgezahlt werden konnte. Stattliche 182.000 Euro der SDL-Spendengelder wurden somit von unserem Schatzmeister sehr schnell und unbürokratisch über das Konto unseres Fördervereins auf die Konten der Opfer überwiesen. Die direkte, sehr schnelle und absolut reibungslose Zusammenarbeit mit den sehr engagierten Damen und Herren der Stiftung Deutscher Lions soll hierbei vor dem Hintergrund der gerade momentan von vielen Flutopfern häufig geführten Klagen bei anderen Förderungsprogrammen im Land als ganz besonders bemerkenswert herausgestellt werden.
Nachdem das SDL-Hilfsprogramm ausgelaufen war, wurden von den zwischenzeitlich auf unserem Fördervereinskonto eingegangenen Spendengeldern bisher noch Soforthilfen in Höhe von 18.600 Euro an weitere 12 Haushalte ausgezahlt. Die Spendengelder waren von Clubmitgliedern und ihren Freunden eingezahlt worden, auch im Rahmen der Zonen-Koordination von anderen Clubs, die selbst nicht betroffen waren, sich aber mit uns solidarisch zeigten und für uns Spenden einsammelten wie z.B. sehr engagiert der LC Brühl. Besondere Solidarität zeigten ein Lions Club aus Marseille und einer aus Clamecy in der Bourgogne, zu denen unser Club bisher keine Kontakte aufgebaut hatte. Beide französischen Clubs übersandten uns Spendengelder für die Opfer. „We serve“ funktionierte damit über die Ländergrenzen hinweg. Ein Vertreter des Marseiller Clubs reiste sogar persönlich an, bereit, auch hier vor Ort mit Hand anzulegen und bei den Aufräumaktionen zu helfen. Er konnte sich im Rahmen des persönlichen Zusammentreffens und auch bei einer gemeinsamen Fahrt durch die besonders betroffenen Gebiete selbst ein Bild von den starken Verwüstungen machen.
Die Reaktionen der Flutopfer auf die zur Verfügung gestellten Ersthilfen waren für die Lions überwältigend. Mit sehr emotionalen Rückmeldungen brachten die Unterstützten ihre übergroße Dankbarkeit zum Ausdruck. Unter Tränen bedankte sich z. B. ein sehr alter Herr telefonisch für die ihm gewährte Hilfe und die erfahrene direkte Zuwendung in seiner aussichtslosen Lage. Auf einer Dankeskarte steht zu lesen: „Vielen, vielen Dank für Ihre großzügige Unterstützung. Es ist eine große Hilfe und tut der Seele gut.“ Ein anderer schrieb: „Die Spende aus der Lions Hochwasserhilfe 2021 hat es uns ermöglicht, die Rechnung für unsere neue Heizung komplett zu bezahlen zu können. Das nahm mir die Angst, in meinem Alter noch einmal einen Kredit aufnehmen zu müssen.“
Und in einer Mail steht: „Als wir aufgrund der Zerstörung eine notwendige Zahlung an einen Handwerker tätigen wollten, haben wir den Zahlungseingang vom Lionsclub entdeckt. Wir haben daraufhin mehrmals unser Konto überprüft, da wir den Betrag nicht wirklich glauben konnten. Schlußendlich haben wir die Realität akzeptiert und vor lauter Freude gelacht und uns gegenseitig in die Arme genommen, es war das erste tief aus dem Herzen kommende Lachen seit vielen Wochen. Allein für diesen Augenblick möchten wir uns bei Ihnen und dem Lionsclub von ganzem Herzen bedanken.
Die großzügige Spende hat das Licht am Ende des Tunnels um ein Vielfaches heller gemacht. Wir sind einfach nur dankbar. Aus tiefstem Herzen die besten Grüße.“
Diese und viele ähnliche Rückmeldungen lassen auch ahnen, dass unser Lions Club wie auch die anderen mit ihren vielseitigen Hilfsaktionen unbeabsichtigt vielleicht mehr Werbung für die Lions-Idee „We serve“ erwirken konnten als durch so manche Plakatierung, Pressemitteilung oder Activity.
Auch nach nunmehr mehr als drei Monaten nach der Flutkatastrophe gibt es noch sehr viel zu tun. Nach den ersten Aufräum- und Reinigungsarbeiten sowie der sich anschließenden Phase der Schadensbegutachtung stehen die Flutopfer heute vor den großen Problemen, Handwerker und Baumaterialen und auch die notwendigen finanziellen Mittel für den Wiederaufbau zu finden bzw. zu erhalten. Erneute Besuche bei einigen von uns unterstützten Opfern zeigten, dass z. T. immer noch Trockengeräte laufen, selbst grundlegendste Installationen noch nicht ausgeführt wurden, z. T. noch trotz des sich ankündigenden Winters keine Hoffnung auf eine neue Heizung besteht. Bei manchen Instandsetzungen traten z. T. noch größere Schäden zutage, die nicht einkalkuliert waren und behoben werden müssen.
Es wird also noch viel Hilfe, auch ermutigender Zuspruch benötigt. Zudem stellt sich immer wieder heraus, dass trotz allen nun laufenden Hilfsmaßnahmen und Wiedergutmachungsprojekten immer wieder einzelne Betroffene durchs Unterstützungs-Raster fallen und dringend der Hilfe bedürfen. Aus diesem Grund hält unser Club auch noch weitere eingegangene Spendengelder und eigene Mittel für auftretende Notlagen und Engpässe bereit. Ein vom Club mitinitiiertes Benefizkonzert der Bigband der Bundeswehr zugunsten der Flutopfer in Euskirchen erbrachte erfreulicherweise über 12.000 Euro, die an dem Septemberabend von Clubmitgliedern als Spendenhelferinnen und -helfern mit eingesammelt werden konnten.
Der Veybach ist zwischenzeitlich wie die übrigen Flüsse und Bäche auch wieder in sein Bett zurückgekehrt und fließt scheinbar harmlos daher. Mit konkreten Flussbettkorrekturen will man zukünftig u. a. den von ihm ausgehenden Gefahren begegnen. Unser Club Euskirchen-Veybach hat mit seiner Hilfsaktion für Flutopfer nicht nur die Betroffenen etwas unterstützt, sondern vielleicht dadurch auch etwas dazu beitragen können, dass unser „Namenspatron“, dessen Wassermassen am 14. Juli auch erhebliche Schäden angerichtet hatte, wieder einen etwas besseren Ruf zurückgewinnen kann.
Epilog
Nicht unerwähnt bleiben soll am Ende dieses Berichts, dass die Hilfsaktion unseres Clubs für die beiden Hauptakteure Präsidentin und Sekretär eine unerwartetes, sehr erfreuliches „Nachspiel“ hatte. Auf dem Clubabend im Oktober erschien überraschenderweise der derzeitige Distrikt-Governor Dr. Frank Rabenschlag. Er war durch Clubmitglieder auf das Engagement des Clubs im Rahmen der Fluthilfe aufmerksam gemacht worden und kam, um die Präsidentin und den Sekretär für ihren Einsatz im Rahmen der Soforthilfe zu ehren, Ihnen als Dank und Anerkennung die Auszeichnung „Distrikt Governor´s Appreciation Award“ anzuheften und das Engagement des gesamten Clubs zu würdigen. Die beiden Geehrten waren von diesem Lob für ihre Fluthilfe sehr gerührt und dankbar, zumal die Initiative für die Ehrung aus ihrem Club selbst gekommen war.